Mittwoch, 18. Juni 2014

La Mama




Viel mehr als nur ein Zimmer - "Wie Mädchen wohnen" lautet der Titel eines Berichtes, in der Zeitschrift Brigitte. Ich habe eben mit dem Vater meiner Tochter die Habseligkeiten meiner "Jüngsten" in den dritten Stock hoch getragen. Ich habe ihn nicht mal richtig begrüßt, nur ein „the same procedure“ zu ihm rüber geseufzt, obwohl sein Anteil an den Umzügen unserer Tochter deutlich höher ist, sein Auto ist einfach größer, gsd.

Das Erste Zimmer das Tiramisu in Maastricht hatte, war eigentlich gar keins, sie hat zur Untermiete gewohnt, ein halbes Jahr mitten im Zentrum gelegen und die WG hatte eine dort wild lebende Hausratte.
Das hatte vielleicht damit zu tun, dass es keine Mülltonnen gibt und der Müll in speziellen Säcken bis zur Abholung im Haus aufbewahrt wird.
Trotzdem hat sie dort gerne gewohnt und manchen Abend mit den Mitbewohnern verbracht, obwohl sie nicht mal so etwas wie einen Gemeinschaftsraum hatten, nur eine kleine Stehküche.

Später hatte das Kind ein Zimmer mit Küche und brauchte eigene Möbel. Sie war dort nicht glücklich, weil dort jeder sein eigenes Süppchen gekocht hat und als sie auch noch Hausmäuse hatte, ist sie verzweifelt in einer Nacht und Nebelaktion wieder nach Hause gezogen und zwei bis drei Monate zwischen Köln, Bonn und Maastricht gependelt, bis sie ein Zimmer in einer WG gefunden hat.

Diesmal brauchte sie nicht viel, weil das Zimmer möbliert war. Das dritte Mal wurden Sachen gepackt und dort hin verbracht. Dort gab es keine Haustiere und sie hatten eine wirkliche Gemeinschaft, die regelmäßig zusammen gekocht und dabei die Vorlieben und krankheitsbedingten Ernährungsgewohnheiten berücksichtigt hat.
Jetzt hieß es also wieder einmal Abschied nehmen. Die meisten der vier Mitbewohner brechen auf ins Auslandssemester.

                        

Tiramisu geht für ein halbes Jahr nach Hongkong und ein stark reduziertes Mädchenzimmer, gerade soviel wie in einen Rucksack passt, geht mit auf Reisen. Das große Bild mit der sechsköpfigen Mädchenclique wird wohl hierbleiben, wie der Hausrat aus ihrem Mäusezimmer. Nun sitze ich auf zwei Zimmern mit gepackter Sehnsucht, auch der große Bruder tingelt durch die Welt.
Sie wird mit ihrem Rucksack reisen und wenn sie Glück hat in Hongkong auf dem Campus leben und sich einen Raum, der sich den Namen Zimmer erst noch verdienen muss, mit einem weiteren Mädchen teilen.

Sie ist es gewohnt mit wenig auszukommen und wenn sie zurückkommt wird sie wahrscheinlich wieder über Konsumbescheidenheit dozieren, bis sie irgendwann wieder Mädchenattitüden entwickelt weil sie nichts mehr zum Anziehen hat. Dann wird sie für das letzte halbe Jahr wieder nach Maastricht ziehen.
Was sie danach macht, liegt noch in den Sternen. Sie ist weit davon entfernt sesshaft zu werden. Ihr Leben muss vorläufig in einen Rucksack passen. Am liebsten würde sie beim WDR oder in Israel, in der Friedensbewegung von Amos Oz ein Praktikum machen. 
In ihrer Welt ist kaum Platz für Spiegel und Lampenschirme, sie will die Welt erforschen und einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten. 
Der Begriff Heimat bekommt Füße und es wird bald Zeit dass ich mich verkleinere, ich werde einen großen Keller brauchen, für Habseligkeiten aus Mädchen- und Jungenzimmern. Ich möchte nicht mehr der Fels sein, ich möchte zum „Handgepäck" mutieren . Jetzt kommt „Mutti“ ;-)  

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